Ein heiteres Lachen erfüllt den kleinen Raum und ein erneutes Klicken ist zu hören, während Samara ihre Waffe senkt und sie zurück in die Innentasche ihrer Lederjacke schiebt.
»Für einen Mann Gottes seid ihr erstaunlich blutrünstig, Pater. Ihr verbietet den Büßern ihre Waffen und bedroht sie stattdessen mit Bomben oder ist es Gottes Wille, dass Ihr die Gäste seines Hauses vorzeitig in den Himmel jagt?« Ein erneutes Lachen erklingt.
»Wenn Ihr uns unbedingt verfrüht ableben lassen wollt, so tut Euch keinen Zwang an. Andernfalls sollten wir uns schnell einigen, sonst könnten andere Euch diese Arbeit abnehmen, bevor Ihr Euer Werk vollbracht habt. Weshalb ich hier bin, habe ich Euch ja bereits gesagt, falls es Euch entfallen sein sollte. Ein privates Treffen, das Eure Schützlinge offensichtlich verhindert haben und von dem ich gerne hätte, dass es nach wie vor stattfindet. Da Ihr die Person zu kennen scheint, gehe ich davon aus, dass Ihr wisst, wo Eure Wölfe Ihre Beute versteckt halten und warum wir beobachtet werden?«

Samara nickt zustimmend. »Ich folge dir, Pater, wenn du mich zur Befreiung leitest.«
Zielstrebig steuert der Priester auf die Treppe zur Krypta zu und kann sich dabei ein Grinsen nicht verkneifen. Die Elfe folgt ihm langsam. Ihrer beider Schritte hallen dumpf auf dem steinernen Kirchenboden nach und durchbrechen die beinah friedliche Stille.
Es ist zu still.
»Ich hoffe«, flüstert Samara, als sie dicht hinter ihm geht, »dort unten erwartet uns mehr als nur Leichen...«

»Ein ungebetener Gast hat sich in Eure Kirche verirrt. Das Licht hat ihn scheinbar angezogen und die Hitze hat ihn ganz kopflos werden lassen.«
Samara sieht sich die Wanze noch einmal genauer an und wirft sie dann achtlos wieder zurück auf den mit Wachs überzogenen Tisch. »Aus dem werden wir sicher keine Informationen mehr herausbekommen. Fragt sich nur, ob er noch mehr Freunde mitgebracht hat.«
Oder wo sein Besitzer sich versteckt hält.
»Pater, wie sicher sind wir unten in der Krypta?«

Noch bevor Liam seine Antwort geben kann, packt Samara ihn am Handgelenkt und reißt ihn mit einem kräftigen Ruck mit sich hinter den steinernen Altar, der direkt neben dem kleinen Tisch mit den Kerzen steht. In geduckter Haltung zieht sie mit ihrer freien Hand ihre Pistole aus der Jackentasche und lässt ihm selben Augenblick Liams Handgelenk wieder los. »Ich hoffe, Ihr habt noch mehr Tricks auf Lager, als Euren Hochsicherheitsbeichtstuhl!« Mit geübten Fingern wechselt sie das Magazin ihrer Waffe und schiebt einen Ladestreifen Ex-Ex-Munition hinein. »Wie viele Ein- und Ausgänge hat dieses Gebäude?«

Magschlösser an Holztüren? Sprengstoff im Beichtstuhl? Wo bin ich hier hineingeraten? Er ist kein Priester. Die Kirche dient ihm nur zur Tarnung. Er muss entweder mächtige Feinde haben oder er ist einfach paranoid...vielleicht beides...? Kann ich ihm vertrauen?
Samara bleibt ruckartig stehen und entzieht Liam ihr Handgelenkt. »Verratet mir eins, mit wem haben wir es hier zu tun? Ihr scheint ja zu wissen, dass jemand Blut an diesem Ort vergießen will.« Sie umschließt die Pistole mit beiden Händen und richtet sie in die das Zwielicht vor sich. »Und noch etwas. Wohin genau führt und diese Treppe? Nur damit ich weiß, worauf ich mich einstellen muss.«

Ein Mage, der mit Geistern spricht, schießt es Samara durch den Kopf. Am Rande ihrer Wahrnehmung spürt sie die Präsenz. Nicht der Mühe wert…vermutlich einer der Ganger.
Leeto und Johson…dann suchen wir tatsächlichen denselben Mann. Und Hellgate…ein Straßenkrieg zwischen zwei verfeindeten Gangs? Aber Ganger benutzen dabei keine Hubschrauber… Hier geht es um etwas anderes und mein Auftraggeber steckt mittendrin. Verdammt!
Sie dreht sich zu Liam um und nickt ihm zu. Dann setzt sie sich, die Waffe im Anschlag, in Bewegung und folgt dem Priester schweigend den erleuchteten Gang zur Krypta entlang.
Du stehst mindestens mit einem Fuß in den Schatten, genau wie ich. Das macht dich irgendwie sympathisch.
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, während sie für einen kurzen Moment spielerisch mit der Waffe auf Liams Hinterkopf zielt. Ich bin gespannt, was du noch so alles zu bieten hast, Mr. Vertrauensselig.

Rekonstruktion (Whisperer)

Ein Grinsen huscht über Liams Gesicht, als er die Elfe den erleuchteten Gang entlang, an einigen Abzweigungen vorbei, bis vor eine große steinerne Wand führt.
Respekt, dass ist das erst Mal, dass sich eine Frau in die Krypta traut. Warten wir ab, was der Abend noch so alles an Überraschungen bereithält.
Er zieht seine Schalttafel aus seinem Talar und drückt mehrere Knöpfe. Die Fackeln im Gang hinter ihnen erlischen und man hört ein Scharren, als sich in der Wand vor ihnen ein Stein zur Seite schiebt und den Blick auf eine kleine Konsole freigibt. »Bitte um Autorisierung meiner Person und einer Begleitung.«
Ein grünes Licht leuchtet auf und Liam legt seine Handfläche auf die davor vorgesehene Scanfläche. Anschließend hält er sein Gesicht vor den Scanner und ein Netzhautscan erfolgt.
»Autorisierung erfolgreich«, ertönt eine elektronische Stimme aus dem Lautsprecher der Konsole. »Wünsche viel Vergnügen, Pater.«
Erneut grinst Liam und Stolz schwingt in seiner Stimme mit, als er sagt: »Das habe ich ihr beigebracht.«
Eine Fläche, in der Größe einer Tür, wird plötzlich auf der Wand sichtbar und schwingt langsam auf. Dahinter erstreckt sich ein etwa 3 m langer Gang, der in einen großen erleuchteten Raum von ca. 24 m² mündet. »Kommen Sie«, sagt der Priester und betritt zusammen mit Samara den Raum, während die Tür hinter ihnen sich wieder schließt.
Der Kontrast könnte nicht größer sein. Hier erinnert nichts mehr an ein altes Kirchengemäuer. Wände, Boden und Decke sind mit einer glatten Metallverkleidung überzogen, in der Mitte des Raumes steht ein nackter OP-Tisch, ringsherum sind Regale angebracht, auf denen alle möglichen Chemikalien, Konserven und Behälter undefinierbaren Inhaltes stehen.
Liam durchquert den Raum und greift sich im Vorbeigehen eine kleine Tasche von einer Anrichte. Wieder drückt er einen Knopf und die Wand vor ihm gibt einen weiteren, schmalen Gang frei.
»So, da wären wir. Dort vorne ist der Ausgang.« Liam wirft einen kurzen Blick über die Schulter auf seine Begleiterin. »Ich hoffe, ihr habt einen Regenschirm dabei meine Dame. Draußen wird das Wetter weniger angenehm sein.«

»Ich fürchte, da muss ich passen Doktor – Verzeihung, PATER. Aber ich lasse Euch gerne den Vortritt, damit ihr erproben könnt, ob Euch das Wetter nicht vielleicht zu sehr auf Euer zartes Gemüt schlägt. Für den Fall, dass es Euch zu ungemütlich wird, bin ich ja direkt hinter Euch.«
Samara bleibt am Eingang des Gangs stehen. Ihr Gesicht hat einen wachsamen Ausdruck angenommen. »Doch bevor wir diesen Ort verlassen Pater, sollten wir vielleicht noch eine Absprache treffen, sonst könnte das Wetter am Ende unsere geringste Sorge sein. Und falls ihr bereits einen Plan habt, solltet ihr mich besser einweihen, dass könnte unsere Überlebenschancen nicht unwesentlich steigern.«

»Amen«, sagt Samara laut in die Stille des Raumes hinein und sieht Liam dabei mit einem verschmitzen Lächeln an. »Das müsst ihr wohl noch üben, PATER. Und ich hoffe, unter Beeilen versteht ihr etwas anderes!?« Sie wirft einen kurzen Blick auf ihr Kommlink, um ihre Position und die Uhrzeit zu überprüfen. Verdammt! Es ist schon so viel Zeit vergangen.
»Ich denke, dann sollten wir aufbrechen. Es sei denn, ihr habt noch etwas vergessen? Mir zum Beispiel zu sagen, welche ganz besonderen Qualitäten eine so beschützenswerte Dame wie ich noch von Euch erwarten kann, falls mir ein fremder Herr – oder mehrere davon – zu nahe treten sollte.«